"Zownirs radikale Art der Fotografie, die er seit den späten 1970er Jahren zuerst in West-Berlin, London und dann in New York entwickelte, setzt bis heute Maßstäbe im Bereich der sozialen, künstlerischen Fotodokumentation."

"Zownir's radical style of photography, which he developed since the late 1970s, first in West Berlin, London and then in New York, remains to this day a benchmark in the field of social and artistic photo documentation."

EUROPEAN MONTH OF PHOTOGRAPHY BERLIN 2020   

MIRON ZOWNIR Künstlerische Vita

Wie nur wenigen zeitgenössischen Fotografen ist es Miron Zownir gelungen über vier Jahrzehnte hinweg ein außergewöhnlich konsequentes und überaus einheitliches fotografisches Werk zu schaffen. Zownir, der „Poet der Radikalen Fotografie“, wie der legendäre amerikanische Autor Terry Southern ihn einst nannte, portraitiert schon seit Ende der 70er Jahre auf unverwechselbare Weise Menschen in konfliktgeladenen sozialen Milieus und ist seinen gesellschaftskritischen und tabubrechenden Sujets bis heute treu geblieben. 

­­­­­­­­­­­­Miron Zownir wurde 1953 als Sohn einer deutschen Mutter und eines ukrainischen Vaters in Karlsruhe geboren. Ende der 70er Jahre begann er in West-Berlin und London zu fotografieren, 1980 zog er nach New York. Nach ersten Ausstellungen  u.a. mit Robert Maplethorpe in New York, wurde er dort als kompromissloser Chronist der Subkultur bekannt. Der Langzeitkolumnist der VILLAGE VOICE Howard Smith bezeichnete Miron Zownir als "Teutonic Phenomenographer", wohl nicht zuletzt wegen seiner Fähigkeit die Gesellschaftsphänomene und den Geist der jeweiligen Zeit wahrnehmbar zu machen.

Zownirs Fotografien  wurden schon seit den 1980er Jahren weltweit in zahlreichen Ausstellungen präsentiert, u.a. in der Neikrug Gallery, New York (1982), CNA Gallery, San Francisco (1983) oder auch im Museum für Fotografie, Braunschweig (1988). 

In der Sonderausgabe des legendären Magazins FOTOGRAFIE - Zeitschrift internationaler Fotokunst wurden 1983 Zownirs frühen Fotografien aus New York erstmals gebündelt unter dem Titel „Viele Grüße aus New York von Miron Zownir“ publiziert. Die APEX Edition MIRON ZOWNIR - Poet der radikalen Fotografie folgte 1988, mit frühen Fotografien von Miron Zownir aus Berlin, London und New York aus den Jahren 1979 bis 1986. 

1989 verließ Miron Zownir New York City und zog weiter, zunächst nach Los Angeles, dann nach Pittsburgh, wo er bis 1995 lebte.

Neben seiner Fotografie realisierte Zownir als Drehbuchautor und Regisseur in den USA acht Kurzfilme, u.a. in Zusammenarbeit mit Alexandre Rockwell als Kameramann, der einige Jahre später als Regisseur von „In The Soup“ und „Four Rooms“ bekannt wurde. Dem japanischen Autor und Regisseur von „Tokio Decadence“ Ruy Murakami, lieferte Zownir mehrere Filmideen. Mit seinem preisgekrönten Anti-Rassismus-Kurzfilm AUF OFFENER STRASSE (1993), der in zahlreichen Kinos im Vorprogramm gezeigt wurde, meldete sich Miron Zownir in seiner Heimat Deutschland zurück. Ein weiterer Kurzfilm folgte 1996, die zynische Gangsterpersiflage JETZT ODER NIE. Beide Kurzfilme wurden von der Filmwerkstatt Münster und ihrem damaligen Leiter Herbert Schwering produziert.

1995 reiste Miron Zownir nach Russland. Doch statt im Auftrag des Hamburger Erotik Art Museums das Nachtleben der Neureichen abzulichten, fotografierte Zownir, trotz Auseinandersetzungen mit den russischen Milizen, Obdachlose, Sterbende und Tote auf den Straßen, Bahnhöfen und Unterführungen Moskaus und dokumentierte die humanitäre Krise nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Erstmals erschienen die schockierenden Bilder aus Moskau in RADICAL EYE (Gestalten Verlag, 1998), eine Monographie, die Miron Zownirs Fotografien aus 20 Jahren bündelt, später dann ebenfalls im monothematischen Fotoband DOWN & OUT IN MOSCOW (PogoBooks, Berlin 2014).

Im sogenannten „heiligen Jahr“ 2000 fotografierte Miron Zownir spanische Geißler und Pilger in Lourdes. Themen, die für Zownir nicht im Widerspruch zu anderen sozialen Wirklichkeiten in Europas Großstädten stehen. „Jeder Mensch sucht nach einer Form der Erlösung“, so der Fotograf, „ein Pilger ebenso wie ein Junky. Der Unterschied liegt lediglich im individuellen Umgang mit der Einsamkeit und dem Elend".

In Berlin, Zownirs Lebensmittelpunkt seit 1996, arbeitete er Anfang der 2000er Jahre an seinem Dokumentarfilm BRUNO S. - DIE FREMDE IST DER TOD, der 2003 auf der Berlinale und nachfolgend auf zahlreichen internationalen Filmfestivals zu sehen war. Im gleichen Jahr erschien im Bremer mox&maritz Verlag Zownirs erster Pulp-Roman KEIN SCHLICHTER ABGANG (2003).

In der Ausstellung El Salvaje Europeo (CCCB, 2004) in Barcelona und Valencia präsentierte das Centre de Cultura Contemporània Barcelona Miron Zownirs Fotografien neben Werken von u.a. Picasso, Ribera, Cranach, der Ältere, Goya, Buñuel und Dürer in Zusammenarbeit mit dem Anthropologen Roger Bartra und der Historikerin und Schriftstellerin Pilar Pedraza in einer Sammlung ikonographischer Darstellungen der Figur des „Europäischen Wilden“. In den von Zownir portraitierten Menschen finden sich, so Bartra, „die modernen Stellvertreter der in der griechischen Mythologie ursprünglich als „Wilde“ bezeichneten Individuen, die zwar ganz in unserer Nähe leben, aber dennoch hinter den Grenzen dessen, was als gesellschaftlich akzeptabel gilt. Zownirs Bilder zeigen das, was wir nicht sehen wollen, weil es uns mit den intimsten Sorgen und Schrecken unserer Kultur konfrontiert. Es sind die Außenseiter, Randfiguren oder Vertreter unterprivilegierter Klassen, die in ihrer angstauslösenden Andersartigkeit als Bedrohung der europäischen zivilisierten Identität wahrgenommenen werden.

Weitere Ausstellungen im musealen Kontext folgten. So zeigte zum Beispiel das Fotomuseum Winterthur/Schweiz Miron Zownirs Fotografien in der vielbeachteten Ausstellung DARKSIDE I (2008), in deren Mittelpunkt die Fotografie als Darstellungsinstrument und als wichtiger visueller Katalysator von Sexualität stand, mit Werken von Helmut Newton, Hans Bellmer, Man Ray, Pierre Molinier, Robert Mapplethorpe, Andy Warhol, Nan Goldin, Larry Clark, Joel Peter Witkin, Bill Brandt, Brassai, Nobuyoshi Araki, Francesca Woodman, Boris Mikhailov u.a.

DARKSIDE II (2009), ebenfalls im Fotomuseum Winterthur zu sehen, beschäftigte sich mit dem menschlichen Körper unter Einwirkung von destruktiven Kräften wie Gewalt, Krankheit, Krieg, Sterben und Tod. Die einzigartige Sammlung beinhaltete u.a. Fotografien von Miron Zownir aus Russland, sowie Bilder der amerikanischen Reportage- und Kriegsfotografen W. Eugene Smith oder Oliver Noonan, des legendären Fotoreporter und Polizeifotografen Weegee, ebenso wie Werke von von Alvin Balltrop, Robert Capa, Henry Cartier Bresson, Robert Frank, Larry Clark oder Don Mc Cullin.

Miron Zownirs zweites Buch, eine Sammlung von Kurzgeschichten, Gedichten und Fotos, erschien 2009 unter dem Titel PARASITEN DER OHNMACHT im mox&maritz Verlag und wurde  2011 auch als Hörbuch, gelesen von Birol Ünel und mit Musik von FM Einheit, von Universal Family Entertainment / Deutsche Grammophon herausgebracht. Das Buch wurde 2013 ins Bulgarische übersetzt und erschien bei Black Flamingo Publishing, Sofia.

2010 erschien ein weiterer Fotoband von Miron Zownr im Berliner Verlag Gestalten. THE VALLEY OF THE SHADOW vereint eine umfangreiche und kompromisslose Sammlung von Fotografien aus New York, Berlin, dem postkommunistischen Osteuropa, Frankreich und Spanien.

Ein „Grenzgänger“- Stipendium der Robert Bosch Stiftung ermöglichte Miron Zownir gemeinsam mit der ukrainischen Autorin Kateryna Mishchenko von 2012-2014 an dem Fotobuchprojekt UKRAINIAN NIGHT zu arbeiten. Das Buch mit über hundert Fotografien und Essays, verfasst von Kateryna Mishchenko, erschien bei Spector Books (2015).

2014 erschien Miron Zownirs Roman UMNACHTUNG als drittes Buch im mox&maritz Verlag. 

Bei den LEAD AWARDS 2015 wurde Miron Zownir in der Kategorie Reportagefotografie des Jahres für seine Fotoserie BERLIN NOIR, publiziert im Zoo Magazine Nr. 45, ausgezeichnet.

2015 erschien auch sein Fotobuch MIRON ZOWNIR - NYC RIP, mit einem Vorwort der US-amerikanischen Sängerin, Autorin und Schauspielerin Lydia Lunch.

2016 widmete das Haus der Photographie/Deichtorhallen in Hamburg Miron Zownir eine umfassende Retrospektive mit über hundert Fotografien, kuratiert von Ingo Taubhorn. Zownir wurde zum zweiten Mal in Folge für seine Fotos unter dem Titel Shooting from the sidelines, veröffentlicht im Zoo Magazine Nr. 49 bei den LEAD AWARDS 2016 in der Kategorie Reportagefotografie des Jahres ausgezeichnet.

Im gleichen Jahr startete Zownir ein neues Fotoprojekt und fotografierte in Kalifornien den Vorabend der Trump-Ära im US-Wahljahr 2016

2017 erschien mit BERLIN NOIR, die dritte Monografie mit Fotografien von Miron Zownir, im Berliner Pogobooks Verlag. BERLIN NOIR vereint das fotografische Frühwerk von Miron Zownir, der Ende der 70er Jahre mit seiner Kamera die Stadt durchstreifte und seine Faszination für die Fotografie entdeckte, mit Fotografien, die nach seiner Rückkehr aus den USA ab 1996 in der wiedervereinigten Hauptstadt entstanden sind. 

Ebenfalls 2017 erschien der True Crime Roman POMMERENKE im Hamburger Verlag CulturBooks.

Weitere internationale Ausstellungen folgten, wie u.a. Art Photo Budapest (2017), Interzone Galleria, Rom (2017), Brotfabrik Galerie, Berlin (2018).

Während einer Residenz in Rumänien, zu der Miron Zownir 2018 von der Visual Kontakt Galerie in Kooperation mit dem Goethe-Zentrum Klausenburg, eingeladen wurde entstand Miron Zownirs Fotoserie ROMANIA RAW. Der thematische Schwerpunkt seines Fotoprojektes lag in der Dokumentation der Lebensverhältnisse der Roma-Gemeinden in Transsilvanien und in der Hauptstadt Bukarest. Die Bilder wurden 2020 in mehreren Ausstellungen in Rumänien präsentiert, so u.a.im Art Museum Cluj-Napoka, Rumänien, kuratiert von Olimpia Bera in Kooperation mit der Universität für Kunst und Design und dem Goethe-Institut.

Das Fotobuch ROMANIA RAW erschien - gemeinsam publiziert vom GOETHE INSTITUT CLUJ NAPOCA und Pogobooks - zeitgleich zur gleichnamigen Ausstellung während des Europäischen Monats der Fotografie 2020 und wurde erstmals in der Fotobuchhandlung und Galerie BILDBAND in Berlin präsentiert. 

Das Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg (2019) und das Museum für Fotografie Berlin (2020) präsentierten die frühe Fotografien von Miron Zownir aus Berlin und New York in der Ausstellung WOLFGANG SCHULZ UND DIE FOTOSZENE UM 1980. Beide Museen widmeten dieser Zeit des wichtigen Umbruchs in der Geschichte der westdeutschen Fotografie eine Ausstellung, die das Wirken und Werk des legendären FOTOGRAFIE Herausgebers Wolfgang Schulz umfasst und herausragende Arbeiten von Fotograf*innen präsentierte, deren Werke prägend für die Jahre um 1980 wurden. 

Die Stiftung Reinbeckhallen - Sammlung für Gegenwartskunst präsentierte 2020/21 Miron Zownirs frühen Berlin Fotografien in der Fotoausstellung BERLIN 1945–2000: A PHOTOGRAPHIC SUBJECT, gemeinsam mit den Arbeiten weiterer deutscher und internationaler Fotograf*innen, die zwischen den unmittelbaren Nachkriegsjahren und dem Ende des 20. Jahrhunderts in Berlin fotografierten, wie z.B. Sibylle Bergemann, Gundula Schulze-Eldowy, Arno Fischer, Nan Goldin, Herbert Hensky, Will McBride und Roger Melis. Die Ausstellung wurde kuratiert von  Dr. Candice M. Hamelin.

Unter der Leitung der italienischen Fotografin Letizia Battaglia, die 2022 verstarb, widmete das Centro Internazionale di Fotografia in Palermo Miron Zownir 2021 eine umfassende Retrospektive. Die Ausstellung Zeitwirdknapp / Non c’è più tempo, mit Werken, die zwischen 1977 und 2019 entstanden sind, wurde von Gaetano La Rosa kuratiert und in Kooperation mit dem Goethe Institut Palermo realisiert. Begleitend erschien der Ausstellungskatalog APOTHEOSIS AND DERISION.

Zeitgleich zu dieser ersten fotografischen Retrospektive in Italien erschien  im Sommer 2021 im Mailänder Verlag Milieu Edizioni die Übersetzung von Miron Zownirs schillernden Noir-Roman Umnachtung unter dem Titel Tenebre su Kreuzberg, illustriert von einer Auswahl seiner Berlin-Fotografien.

2022 sind Miron Zownirs Fotografien aus der Serie UKRAINIAN NIGHT in der WESERBURG – MUSEUM FÜR MODERNE KUNST, Bremen, sowie im Kunstmuseum Gelsenkirchen zu sehen. Beide Museumsausstellungen entstanden in Zusammenarbeit mit der Galerie K‘.  Die DEICHTORHALLEN Hamburg, zeigen 2023/24 in der Ausstellung DIX UND DIE GEGENWART 50 Fotografien von Miron Zownir  aus Moskau, London, New York City, West-Berlin, Berlin sowie den US-Amerikanischen Metropolen Los Angeles, San Francisco und Las Vegas.

Seit 2014 wird Miron Zownir auf internationalen Fotomessen in London, Paris  und Los Angeles und weltweit in  Einzel- und Gruppenausstellungen von der Kölner Galerie Bene Taschen repräsentiert, die einige der renommiertesten Künstler der zeitgenössischen Fotografie in ihrem Galerieportfolio führt, darunter Sebastião Salgado, William Claxton, Arlene Gottfried, Larry Fink, Jamel Shabazz, Jeff Mermelstein, David LaChapelle, Gregory Bojorquez und Joseph Rodriguez. 

"Miron Zownirs zeitlose Bilder spiegeln die typischen Begleiterscheinungen des Kapitalismus wider und rütteln, ob bewusst oder unbewusst, an dessen Fundamenten. Indem er den Fokus auf die Verfemten und Entrechteten richtet, steht er in der Tradition mit Schriftstellern, die die Auswüchse des kapitalistischen System seit dem Ursprung radikal beobachten und in eine unvergessliche Sprache verwandelten, wie Charles Dickens, Fjodor Dostojewski, Victor Hugo oder Maxim Gorki."

"Miron Zownir's timeless images reflect the typical side effects of capitalism and undermine, consciously or unconsciously its foundations. By focusing on the outlawed and disenfranchised, he follows the tradition of writers, who have radically observed the excesses of the capitalist system from its inception and transformed them into unforgettable language, such as Charles Dickens, Fyodor Dostoyevsky, Victor Hugo or Maxim Gorky. "

"Szenen aus der Tiefe" exhibition catalogue  MIRON ZOWNIR - DIE UNSICHTBAREN  by  Petra Schröck/Galerie Brotfabrik Berlin

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